Stromer unter der Lupe: Sauber oder nur am Auspuff?
Ein ganzheitlicher Blick auf Elektroautos
Ein verbreiteter Irrtum beim Thema Elektromobilität ist, dass Elektroautos ausschließlich mit klimafreundlichem Ökostrom betrieben werden. Tatsächlich spiegelt sich im Ladestrommix jedoch der gesamte Energiemix wider, der gerade ins öffentliche Netz eingespeist wird. Der reale Umweltvorteil eines E-Autos hängt deshalb stark davon ab, wie dieser Strom erzeugt wird.
Strommix: Kein reines Grün
Der Anteil erneuerbarer Energien im deutschen Strommix wächst kontinuierlich. Laut dem Umweltbundesamt lag der Anteil erneuerbarer Energien am Bruttostromverbrauch im Jahr 2023 bei 52,5%. Dennoch stammt ein erheblicher Teil des Stroms weiterhin aus fossilen Quellen wie Kohle und Erdgas. Wer sein Fahrzeug mit zertifiziertem Ökostrom lädt, kann den ökologischen Fußabdruck deutlich senken – doch der Großteil der öffentlichen Ladeinfrastruktur speist sich aus dem allgemeinen Netzstrommix.
Herstellung: Energieaufwand von Anfang an
Auch bei der Produktion von Elektroautos entstehen Emissionen – insbesondere bei der Herstellung der Batterien. Diese benötigen seltene Rohstoffe wie Lithium, Kobalt und Nickel, deren Förderung oft energieintensiv und ökologisch problematisch ist. Studien des Öko-Instituts zeigen, dass ein Elektroauto mit großem Akku zunächst einen „CO₂-Rucksack“ trägt, der erst nach einer gewissen Fahrleistung durch den emissionsärmeren Betrieb ausgeglichen wird. Dieser Ausgleich erfolgt – je nach verwendetem Strommix – nach etwa 50.000 bis 100.000 Kilometern.
Rekuperation: Energie zurückgewinnen
Ein echter Vorteil von Elektroautos ist die sogenannte Rekuperation: Beim Bremsen wird die Bewegungsenergie nicht in Wärme umgewandelt wie bei herkömmlichen Fahrzeugen, sondern zurück in die Batterie gespeist. Das reduziert nicht nur den Energieverbrauch, sondern auch den Bremsenverschleiß. Insbesondere im Stadtverkehr mit häufigem Anfahren und Bremsen können E-Autos so effizienter und nachhaltiger betrieben werden.
Infrastruktur und Energiebedarf
Die Energiewende im Verkehrssektor ist ohne einen massiven Ausbau der Ladeinfrastruktur und der Stromnetze kaum zu bewältigen. Der zusätzliche Strombedarf durch Millionen E-Autos ist erheblich. Wenn diese Fahrzeuge überwiegend nachts oder bei hoher Netzlast geladen werden, steigt die Notwendigkeit zur Zwischenspeicherung und Lastverteilung – Herausforderungen, die bislang nur unzureichend gelöst sind.
Fazit: Ganzheitliche Betrachtung notwendig
Elektromobilität ist kein Allheilmittel, aber ein wichtiger Baustein für eine klimafreundlichere Zukunft – wenn sie richtig umgesetzt wird. Entscheidend ist dabei nicht nur der emissionsfreie Betrieb auf der Straße, sondern auch die Herkunft des Stroms, die ökologisch vertretbare Produktion und eine sinnvolle Nutzung der Vorteile wie der Rekuperation.
Ein Elektroauto ist also nicht automatisch „sauber“ – es ist es nur dann, wenn Stromerzeugung, Batterieherstellung und Nutzung umweltbewusst gestaltet werden. Bis dahin bleibt es oft bei einer sauberen Bilanz am Auspuff – aber nicht zwangsläufig in der Gesamtbilanz.
Quellen:
- Umweltbundesamt, „Erneuerbare Energien in Zahlen“ – umweltbundesamt.de
- Öko-Institut, „Electromobility: Electric cars, plug-in hybrids and batteries“ – oeko.de
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