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Helmut Schmidt und Fritz Stern bei Beckmann (ARD)

ortsschild-politik-250pEs war ein Höhepunkt in der Fernsehgeschichte, als am Montag (22.02.2010) Altkanzler Helmut Schmidt (91) zusammen mit dem US-Historiker Fritz Stern (84) bei Beckmann in der ARD auftrat. In gewohnt geduldiger, konzentrierter Manier, wusste Helmut Schmidt kluge Antworten zu allen Fragen und war dabei immer bereit zuzuhören, fachlich und historisch tiefgreifend und vor allem diplomatisch zu antworten. Er wahrte die Etikette, auch wenn jeder, der zwischen den Zeilen lesen kann, genau verstanden haben wird, was er meinte.

Eine der Fragen im ersten Drittel der Sendung betraf die leidige Hartz VI Diskussion und Äußerungen Westerwelles. Schmidt´s Meinung hierzu war eindeutig: „Wichtigtuerei!“. Herr Westerwelle sei ein Meister der Wichtigtuerei. Und weil unser Außenminister so wichtig ist, hat ihn Helmut Schmidt ihm historisch mal erklärt, warum so viele westeuropäische und weitere Staaten versuchen Wohlfahrtsstaaten zu sein. „Ich gehe soweit zu sagen, daß der Wohlfahrtsstaat die größte kulturelle Leistung ist… die die Europäer im Laufe des 20. Jahrhunderts zustande gebracht haben!“

Ähnlich erging es Angela Merkel in Bezug auf Ihre Rede in Israel. Helmut Schmidt hatte nach einigen Dialogen zum Thema Verantwortung wieder einmal historisch Solides beizutragen, als er auf die Atombomben des Staates und deren Nichtbeitritt zum Atomwaffensperrvertrag aufmerksam machte. Deutschland habe eben auch deshalb keine besondere Verantwortung für den Schutz Israels (entgegen Frau Merkel), sondern genausoviel wie jeder Staat. Zu Frau Merkel´s Aussage bemerkte Schmidt, daß dies außenpolitisch nicht zu Ende gedacht sei. Will man diese diplomatische Äußerung Schmidt´s übersetzen, so heißt das, daß Frau Merkel Stuß geredet hat. Zumindest würde ich es so übersetzen.

Unterstützt wurde Schmidt von Herrn Stern, der als Jude sagen durfte, daß eine Verantwortung gegenüber Israel auch bedeute, Kritik an der jüdischen Politik gegenüber den Palästinensern zu üben.

Helmut Schmidt ließ keine Frage unbeantwortet, war aber wie immer sachlich klug und bei Fragen zu seiner Person, hanseatisch bescheiden.

Mein Eindruck nach dem Interview war, daß Fritz Stern ein kluger Historiker ist, Helmut Schmidt ein toller Mensch und Politiker und Beckmann, übrigens überaus gut vorbereitet, ein hervorragender, sachlicher Moderator. Eine Frage bleibt jedoch nach der Sendung: Bei so wenig politischer Substanz im deutschen Parlament, wird die Zeit ohne Schmidt eine schöne Erinnerung sein, und es fehlt jedweder Ausblick. Gegenüber Helmut Schmidt haben fast alle aktuellen Politiker nicht ein Fünkchen Substanz, Ehrgefühl und Qualität. Um es noch mal auf den Punkt zu bringen: Selbst mit Hörgerät und im Rollstuhl ist Helmut Schmidt ein besserer, loyalerer, fundierterer und vor allem netterer Mensch als die meisten, die derzeit im Parlament herumlaufen.

Schauen Sie sich die Sendung unbedingt noch einmal an >>

Helmut Schmidt und Fritz Stern bei Beckmann (ARD)
Fehler vorbehalten, der Artikel ist meine persönliche Meinung.

3 Kommentare zu “Helmut Schmidt und Fritz Stern bei Beckmann (ARD)

  1. diese streit Merkel gegen Westerwelle ist echt erbärmlich. die sollen politik machen, schauen, dass unser land voran kommt und nicht solche streiterei. streit hat noch niemanden was gebracht. überall sind kriesen und probleme und die streiten kleinkariert rum. wie kinder. wenn sie es nicht können, dann sollen sie es sein lassen. leider gibt es keine alternative. ich bin mal gespannt, wie das weitergeht.

  2. Holger Ehrlich

    Über unsere nichtregierenden Selbstdarsteller braucht kaum noch etwas gesagt zu werden. Genau genommen ist jedes Wort zu Merkel, Westerwelle und Co. Verschwendung. Helmut Schmidt ist der Vorbildpolitiker schlechthin. Er ist klug, er ist gebildet und vorallem weiss er wovon er spricht, wenn er etwas sagt. Die Politiker heutzutage sind doch stets bemüht viel zu sprechen und möglichst nichts zu sagen, oder aber sie sind Wichtigtuer wie Herr Westerwelle, die nur dummes Zeug reden. Für mich war die Sendung geradezu wohltuend.

  3. Holger Ehrlich

    Ich kann das Buch zum Gespräch nur jedem empfehlen. Wie immer, wenn Helmut Schmidt sich äußert, ist es lehrreich und interessant zugleich.

    http://www.amazon.de/Unser-Jahrhundert-Gespr%C3%A4ch-Helmut-Schmidt/dp/3406601324/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books&qid=1269005114&sr=8-1

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