Menschliches Politik

Verehrter Helmut Schmidt

Es ist wieder an der Zeit. Sie haben Geburtstag, aber noch wichtiger als Gratulationen in diesem Alter zu empfangen ist es vielleicht zu wissen, daß man etwas Gutes getan hat. Davon zeugt die Popularität, die Sie heute haben, auch wenn Sie das als Beweis vielleicht nie gelten lassen würden.

Die Enttäuschungen, die nach Ihnen den Dienst taten, lassen Sie heute wieder als ganz Großer hervorstechen. Das liegt daran, daß man Ihnen von ganzem Herzen glaubt, Sie mag für Ihre offene, durchaus direkte und vor allem ehrliche Art. Nach Ihnen waren im Vergleich nur noch Stümper am Werk. Stümper die sich selbst zu sehr mochten, die korrupt waren, uns etwas versprachen und uns gleichzeitig ins Gesicht logen. Menschen, die sich in Aufsichtsratposten katapultierten, die moralisch nicht mit den Ämtern der Politik vereinbar sind.

Aber es wäre unehrlich zu sagen, daß Sie deshalb so gut sind, weil Andere miserabel waren und sind. Es ist vielmehr so, daß Sie alles geben – nicht für Sie selbst, sondern für den höheren Zweck, für das Land, für Ihre Mitbürger. Und Sie haben viele Aufgaben gelöst – natürlich nicht immer für jeden erfreulich, aber dennoch immer mit dem Sinn für das Gemeinwohl. Wohl deshalb weiß noch heute jeder im Land und über die Grenzen Deutschlands hinweg, daß Sie Ihr Möglichstes gegeben haben. Mehr als alle Nachfolger je versucht haben.

Warum erinnern wir uns so gerne an Sie und nicht an z.B. Kohl? Es ist das intuitive Gefühl, daß Kohl es für sich selber machte, für seine Popularität, für sein Ego als Mauerbrecher. Und ich weiß instinktiv, daß Kohl all das nur für sich selber darstellte. Das selbe trifft auf Schröder zu, auf Steinmeier und all die Kandidaten wie Schilly, die sich selbst im Spiegel zu gerne sehen und darüber die Loyalität zu den Wählern vergaßen.

Wenn sich Ihre Bürger gerne an Sie erinnern, dann müssen alle die Sie live erlebt haben an die Terrorzeit denken, an Baader und auch an Mogadishu. Auch an die Flut, an alle Ihre Krisen, die Sie gemeistert haben. Nicht weil Sie das Rechte taten, sondern weil Sie nicht in Regungsstarre verfielen und weil Sie das Allerbeste gegeben haben.

Ich habe Sie auch als Journalist von „Die Zeit“ gerne gelesen, Ihre Gedanken verfolgt. Und Ihre poitische Übersicht und Weitsicht sucht seinesgleichen. Dabei habe ich immer das Gefühl lernen zu können. Ich persönlich denke außerdem, daß Frau Merkel und Co. jedes Ihrer Interviews und Ihrer Artikel genau studieren und daran lernen. Es wäre das Beste was sie tun könnten.

Verehrter Helmut Schmidt

3 Kommentare zu “Verehrter Helmut Schmidt

  1. Holger Ehrlich

    „Die Menschen sehnen sich nach einer Autorität und nach Führung. Damit wenden sie sich an einen Neuzigjährigen. Das ist ein Fehler, denn der kann gar nichts mehr ausrichten.“ Helmut Schmidt zum Phänomen seiner ungebrochenen Popularität. Er ist ein Weiser.

  2. Manueller Trackback: Auf dieses lesenswerte Posting habe ich verwiesen in meinem Blogeintrag „Zum 90. Geburtstag von Helmut Schmidt: Die SPD, die Grünen, Schmidt und ich“ unter http://gruene.wettach.org

  3. Die Bücher vom Helmut kann ich auch nur wärmstens empfehlen !!

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