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Fernsehbeitrag „Schusswechsel“ auf EinsExtra vom 01. August 2006

Es war ein sehr harter Beitrag, der gestern auf EinsExtra gesendet wurde. Eine mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Reportage bei der man weinen mußte oder mindestens sehr traurig wurde. In „Schusswechsel“ geht es um Fotografen von „Reuters“ im Gazastreifen. Die gefilmten Fotografen waren ein Team aus Deutschem, Israelis und Palästinensern. Gut zu fühlen war vor allem der ständige Krieg in dem Gebiet (von Frieden konnte man auch vor Monaten bevor der Krieg so offen ausbrach wohl kaum reden), die Angst und der Schrecken. Die Verletzungen, Selbstmordattentäter, der Haß und die Gewalt. Man kann sich kaum vorstellen wie hart das Leben dort sein muß, wie abgestumpft die Menschen dort bereits mit dem Thema Gewalt umgehen. Wie wenig geordnet und moralisch es dort zugeht. Was übrig bleibt von Menschen in dieser Art Ausnahmezustand.

Mir kamen bei lauter Mitgefühl für unsere Mitmenschen auch mehrere Gedanken zu den Fotografen: Ich fand, daß viele der Jugendlichen, die Steine auf die Armee warfen, eher noch angestachelt wurden durch die Fotos, die von Ihnen gemacht wurden. Auch die Soldaten, die fotografiert wurden, schienen eher noch stolz durch die Ablichtung. Dabei habe ich die Tätigkeit der Fotografen als widerlich empfunden. Schlimm auch wie die Menschen dem deutschen Fotografen die Toten in einer Art Krematorium „vorführten“. Es waren immer wieder Männer die noch stolz auf ihre Abgebrühtheit zu sein schienen.
Am Schlimmsten empfand ich die ungeheure Menschenverachtung, mit der die Fotografen die Trauer einer Familie bei einer Beerdigung fotografierten. Ich bezweifle stark, daß dies im Absprache mit der Familie passierte. Selbst wenn einer der Fotografen sein Mitgefühl deutlich aussprach und weinte, verletzte er in meinen Augen die Würde der Angehörigen aufs Schlimmste, ohne zu wissen ob die Familie das vielleicht ganz anders empfand. Es mag sein, daß im Umfeld von so viel Gewalt und so wenig Liebe alles ganz anders empfunden wird, was es in meinen Augen nicht richtiger macht.

Ich bin schon der Meinung, daß es wichtig ist, die Realität der Situation im nahen Osten zu fotografieren und zu zeigen (Tip: Photokina im September in Köln). Ich bezweifle trotzdem, daß die Menschen zum Beispiel hier in Deutschland diese Fotos überhaupt sehen möchten. Wenn ja, so ist es eine kleinere Zahl bewußter Menschen, die es wichtig finden für die Menschen in Israel und Palästina Mitgefühl zu zeigen und sich in welcher Form auch immer für den Frieden dort einzusetzen. Der Großteil der Menschen hier, so fürchte ich, ignoriert die traurige Realität und denkt möglichst wenig darüber nach.

Bei all diesen sehr traurigen Bildern ist mir unerklärlich wie in der Region jemals Frieden sein kann. Die Soldaten, die Mauer, der Haß, die Attentate, der Krieg scheinen auf Dauer angelegt. Selbst die Fotografen haßten ihre eigene Situation und die Traurigkeit und Ausweglosigkeit. Der Film brachte alles sehr gut herüber und war um 22 Uhr in den Ferien vielleicht eher noch zu früh untergebracht. Es ist kein Film für Kinder. Die Realität ist sehr grausam, wenngleich wir uns ihr dringend stellen sollten.

Wenn man selber Fotograf ist, stellt man sich besonders eindringlich die Frage nach dem Sinn der Tätigkeit dieser Kollegen. Die Fotos waren hervorragend, keine Frage. Aber das Risiko und der Nutzen stellen sich mir in Frage. Nicht für die Kollegen sondern für mich. Der Beitrag ist sehr sehenswert und wird sicher einmal wiederholt.

Fernsehbeitrag "Schusswechsel" auf EinsExtra vom 01. August 2006

1 Kommentar zu “Fernsehbeitrag „Schusswechsel“ auf EinsExtra vom 01. August 2006

  1. Peter W. Sawatzki

    Ich bin selbst in der afghanischen Krisenregion am Khyberpass und in Kabul gewesen. Die Einheimischen machen für eine Zigarette alles. Ein Bündel billiger Sparkassen-Kugelschreiber war meine Hauptwährung. Leute, die eben noch friedlich am Straßenrand saßen und im Sand Tic-Tac-Toe spielten, stellten sich für einen Kugelschreiber gefährlich in Position und präsentierten ihre Waffen. Gerne läßt sich auch mal einer „besiegen“ und legt sich vor den anderen in den Sand.
    Ich möchte also nicht wissen, wie viele der „authentischen“ Fotos auf diese Weise zustande gekommen sind.

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